Die Idee
Eine Förderung von Hochbegabten im Bereich der Bildenden Kunst ins Leben zu rufen, war von vornherein als Projekt mit Versuchscharakter geplant, wobei im Vorfeld divergierende Vorstellungen zur Umsetzung im Diskurs mit Fachkollegen der Braunschweiger Schulen und Hochschullehrern der Kunsthochschule Braunschweig harmonisiert werden mussten.
Der Begriff
Die divergierenden Vorstellungen entzündeten sich vor allem am Terminus „Hochbegabung“ oder „Exzellenzförderung“, der zwar in entsprechenden Broschüren und in der Literatur differenziert definiert wird, gleichwohl gerade für den Kunstbereich nicht unbesehen übertragbar ist.
Anders als auf anderen geistes- oder naturwissenschaftlichen Gebieten, insbesondere aber im Fach Musik, gibt es im Fach Bildende Kunst keine verbindlichen Gütekriterien, die beispielsweise auf handwerkliche Fähigkeiten oder formsprachliche Qualitäten wie die Fähigkeit deskriptiv Menschen darzustellen, reduziert werden können. Dies hat letztlich seine Ursache im erweiterten Kunstbegriff, der in den RRL (Rahmenrichtlinien) durch den Bildbegriff ersetzt wurde.
Dem zufolge zählen alle menschlichen Fähigkeiten, die einen visuellen Ausdruck finden, potentiell zu den Themenfeldern des Faches Kunst. Dies findet seinen Niederschlag in den Definitionen der drei Sachbereiche: Massenmedien, Bildende Kunst, Gestaltete Umwelt, die problemorientiert und sachbereichsübergreifend zum Gegenstand des Unterrichts gehören.
Ein weiterer wesentlicher Schwierigkeitsgrad ergibt sich aus der Koppelung von Theorie und Praxis, die in den RRL vorgeschrieben ist. Hochbegabungen können sich also nicht nur in den ästhetisch-praktischen Fähigkeiten der drei Sachbereiche zeigen, sondern gleichwertig auch auf kunstgeschichtlichem, kunstwissenschaftlichem und kunsttheoretischem Gebiet.
Letzteres eröffnet zudem fließend Bezüge zu fächerübergreifendem Lernen, etwa in Religion, Mathematik, Werte und Normen, Geschichte, Literatur, etc.
Noch wesentlicher zeigt sich das Problem einer Exzellenzförderung, wenn ausschließlich von den Resultaten ästhetischer Praxis her Kriterien entwickelt werden. Denn die ästhetische Praxis eines Heranwachsenden ist in besonderem Maße schulischen und anderen, zum Beispiel medialen Einflüssen unterworfen, was eine affirmative Verarbeitung von Themen und Problemen bedeuten kann.
Zudem ist niemals genau zu ermitteln, in welcher Form eine Eigenständigkeit des zu fördernden Schülers an den Ergebnissen der ästhetischen Praxis erkennbar wird oder ob ein besonders differenzierter Kunstunterricht Früchte trägt.
Zum Vorgehen
Angesichts der offenen und kaum eingrenzbaren Möglichkeiten, die eine Förderung eröffnen, war es aus pragmatischen Gründen zunächst erforderlich, diese einzugrenzen und praktikable Organisationsformen zu bilden.
Die naheliegendste Frage war, wie überhaupt als förderungswürdig erachtete Schüler aktiviert werden könnten. Zudem musste eine Reduktion des Einzugsgebietes erfolgen. Dies geschah in Abstimmung mit dem Kultusministerium Hannover.
Ebenso war die Personenzahl von Schülern und Lehrern auf ein Verhältnis von etwa eins zu fünf als sinnvoll erachtet worden, woraufhin an die Fachbereichsleiter Kunst der zehn Braunschweiger Gymnasien und Gesamtschulen die Aufforderung erging, jeweils drei Schüler zu benennen, die als förderungswürdig erachtet wurden.
Als Lehrbeauftragte wurden Jürgen B. Kuck, Regine von Monkiewitsch, Rainer Jaeger und Michael Ewen benannt. Als zentraler Förderungsort wurde anfangs die Raabeschule ausgewählt, da sie von allen Braunschweiger Schulen die großzügigsten Räume und die beste Ausstattung bietet. Die Schule besitzt drei helle, auf einer Ebene angelegte, große Kunsträume, Staffeleien, variable Tische und den Anforderungen des Kunstunterrichtes entsprechende Medien. Nach Bedarf könnte auch auf ein Fotolabor zurückgegriffen werden. Außerdem gibt es für die Schule eine gute Verkehrsanbindung. Aufgrund von baulichen Maßnahmen an der Raabeschule findet die Förderung seit 2012 in den Kunsträumen der Gaußschule Braunschweig statt.
Ausdrücklich wurde festgelegt, dass den vier verantwortlichen Lehrern eine experimentelle Vorgehensweise ermöglicht wird, um in einer Art Pilotprojekt grundsätzliche Erfahrungen zu sammeln, die dann in regelmäßigen Abständen in Form von Kolloquien, Ausstellungen oder Ähnlichem kommuniziert werden sollen.